Ein 24-jähriger Sportler berichtet mir, er trainiere regelmäßig im Fitness-Studio. Damit seine Muskeln aufgebaut werden, nehme er Taurin ein. Zusätzlich trinke er täglich einen Eiweiß-Shake. Die Frage ist: Bringt das auch etwas für die Muskeln?
Nach dem AIS (Australien Institute of Sport) sind folgende Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll:
Normaler Breitensportler (ca. 4 x 30-60 min Sport/Woche):
Bei ausgewogener Ernährung mit Fleisch, Fisch, Milchprodukten, Gemüse, Obst ist in der Regel kein zusätzliches Nahrungsergänzungsmittel erforderlich.
Leistungssportler:
Die Eiweißaufnahme liegt in Deutschland eher zu hoch. Erwachsene Sportler sollten pro Tag nach dem Arbeitskreis Sport und Ernährung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung 0,8 g Eiweiß/kg Körpergewicht zu sich nehmen. Das sind ungefähr 50-70 g Eiweiß/Tag. Wird täglich mehr Eiweiß konsumiert, werden die Proteine zu Kohlenhydraten oder Fett umgewandelt. Es entsteht dann nicht mehr Muskelmasse, sondern unter Umständen mehr Körperfett!
Der Muskel vergrößert sich nicht durch Vermehrung der Muskelfasern, denn diese sind schon seit früher Kindheit in ihrer endgültigen Anzahl festgelegt. Nur durch Verdicken (= Hypertrophie) nimmt die Muskulatur zu. Das erfordert im Wesentlichen einen Belastungsreiz > 60-70 Prozent der Belastungsintensität. Eine ideale Eiweißzufuhr kann durch mageres Fleisch, Fisch, Milch, Joghurt, mageren Käse (Hartkäse), Speisequark gut gewährleistet werden. Statt fertiger Eiweißdrinks kann ein einfaches Milchpulver gekauft werden, falls der Leistungssportler unbedingt noch Eiweiß anderweitig zuführen möchte. Das ist genauso effektiv und preiswerter als ein Proteinshake. Grundsätzlich führt die isolierte Aufnahme von Eiweiß, also aus dem Lebensmittel herausgelöst, eher zu einer schnellen Verbrennung im Körper, also zur Energiegewinnung, nicht zur Proteinsynthese. Damit trägt eine isolierte Proteinzufuhr nicht zum Muskelaufbau bei.
Eine kohlenhydratreiche Kost vor Sport und Wettkampf dagegen schützt die Muskulatur. Wird zu wenig davon aufgenommen, greift der Körper die Proteinreserven des Körpers = Muskulatur an.
Nach dem Sport ist es sinnvoll, eine Mischung von Kohlenhydraten und Protein im Verhältnis von 3 : 1 zuzuführen. So werden die Kohlenhydratspeicher in der Muskulatur schneller wieder aufgefüllt. Das schützt auch die Muskulatur!
Kreatin: Muss nicht unbedingt zugeführt werden, da der Körper es selbst synthetisieren kann und es außerdem in vielen Nahrungsmitteln enthalten ist. Möglich ist die Wirksamkeit von Kreatin bei kurzzeitigen intensiven Belastungen bis 30 Sekunden, also ausgesprochenen Schnellkraftleistungen.
Carnithin: Wird beim Fettsäuretransport nicht verbrannt, sondern regeneriert. Eine Mehraufnahme ist daher nicht erforderlich. Carnithin ist leider kein fat burner. Es kommt außerdem natürlicherweise vor in z.B. Fleisch, Fisch, Milch.
Taurin: Wird häufig als Zusatz in Energy Drinks (z.B. Red Bull) verwendet. Durch die Einnahme von Taurin ist bisher keine verbesserte Leistungsfähigkeit belegt.
Inosin: Keine verbesserte Kraft-und Ausdauerwirkung bisher wissenschaftlich belegt. Nicht wirksam für die Leistungssteigerung sind: Carnithin, Coenzym Q10, Inosin, Taurin.
Sportlerriegel für die Energie: Sind häufig zu fett- und eiweißlastig. Gute Sportlerriegel sollten kohlenhydratreich(75 Prozent), eiweißarm (maximal 15 Prozent Eiweiß/Riegel) und möglichst fettarm sein. Ein hoher Fruktosegehalt im Sportsnack kann Durchfälle und Blähungen beim Sport verursachen und ist daher bei empfindlichen Sportlern zu vermeiden.
© Dr. med. Sieglind Zehnle, Ruiter Straße 7, 73760 Ostfildern
Monat: August 2016
Stress abbauen – die Seele zur Ruhe kommen lassen
Petra, 42 Jahre alt, steht unter der Woche täglich um 6 Uhr 15 auf. Nach einem kurzen Frühstück fährt sie eine Stunde mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu ihrem Arbeitsplatz. An jedem Wochentag arbeitet sie zwischen acht und zehn Stunden. Danach einkaufen, Hausarbeit, Telefonate und noch ein paar Mails beantworten. Abends schläft sie vor dem Fernseher fast ein, kann aber dafür nachts nur schlecht durchschlafen. So läuft das Tag für Tag ab. In letzter Zeit fühle sie sich zunehmend erschöpft. Sie kommt morgens kaum aus dem Bett, kann sich tagsüber schlecht auf ihre Aufgaben konzentrieren. Eigentlich kennt sie so etwas nicht – schließlich hat das die letzten 15 Jahre so gut „funktioniert“. Aber jetzt sei sie „echt platt“ und weiß nicht, wie das so die nächsten zwanzig Jahre weitergehen soll. Denn so lange muss sie ja wohl noch arbeiten.
Lebensberichte wie diesen hören wir Hausärzte häufig in der Sprechstunde.
Wie lautet heute Ihre To-do-Liste? Ist sie ähnlich von morgens bis abends durchstrukturiert? Und wo und wie fange ich da an, etwas zu ändern? Ist es Zeit, dass der Arzt mir endlich eine dreiwöchige Reha verordnet? Wird danach alles besser?
Stress ist allgegenwärtig, wenn man darunter vielfältige Aufgaben und Belastungen versteht. Wir alle fühlen uns häufig überlastet. Die Frage ist nur, wie wir damit umgehen.Je höher mein Stresspegel ist, um so bewusster sollte ich mir auch ab und an eine Pause gönnen. Abzu hängen, „die Seele baumeln“ zu lassen, ist überlebenswichtig. Mal gar nichts zu tun, wenigstens ein paar Minuten täglich ohne Ziel und Zweck zu verbringen, an nichts Bestimmtes zu denken, nicht die nächsten Aufgaben planen … Ab und an mal „Nein“ sagen kann dafür leider erforderlich sein. Erst nach einer Weile wird der Kopf dann freier. Solange in meinem Kopf wie ein Sandsturm meine To-do-Liste herumwirbelt, kann ich nicht zur Ruhe kommen. Erst wenn sich der Sand abgelegt hat, sehe ich wieder klar. Eine stationäre Kur oder Reha-Maßnahme zum Beispiel kann da nur ein Beginn sein für das Umdenken. Wenn im Alltag später nicht das Gelernte praktiziert wird, hat sie nicht den gewünschten Effekt. Das Geheimnis sind die täglichen Pausen. So kann ich täglich systematisch neue Kraft schöpfen für den Alltag und auch mein Immunsystem mittelfristig wieder aufbauen und stärken.
Lesenswert: „Unsere Seele braucht die Leere“
© Dr. med. Sieglind Zehnle, Ruiter Straße 7, 73760 Ostfildern