Wie entsteht Migräne?
Bei der Migräne handelt es sich um eine Funktionsstörung des Gehirns, der Hirnhäute und der versorgenden Blutgefäße. Zu Beginn der Attacke tritt häufig eine Verkrampfung der Blutgefäße im Gehirn auf, später dann eine Erweiterung.
Die Neigung zur Migräne tritt meistens familiär gehäuft auf.
Frauen neigen häufiger zu Migräne als Männer. Getriggert wird ein Migräneanfall zum Beispiel durch vermehrten Stress und Ärger, durch Stressabfall (Wochenendmigräne), durch hormonelle Schwankungen (Migräne in der Pillenpause), durch Wetterwechsel (Fönwetter).
Der typische Migräne-Kopfschmerz ist
Einseitig lokalisiert (linke oder rechte Kopfhälfte)
Pochend bzw. pulsierend („Pulssynchron“)
Geht mit Licht- und Geräuschempfindlichkeit einher
Bewegung verschlechtert (zum Beispiel Joggen)
Kann von Übelkeit, Erbrechen, Augenflimmern und Kreislaufstörung/Benommenheit begleitet sein.
Es kann eine „Aura“ vorher geben. Das sind neurologische Reiz- oder Ausfallssymptome. Zum Beispiel können Zickzacklinien auftreten, die einen Teil des Gesichtsfeldes unscharf erscheinen lassen und flimmern. Bei manchem Betroffenen treten auch Sprachstörungen sowie Lähmung/Taubheitsgefühl eines Armes auf. Die Unterscheidung zum Schlaganfall ist manchmal schwierig, wenn die Vorgeschichte nicht bekannt ist. Die Aura bessert sich häufig auf Anwendung von 1000 mg ASS (Acetylsalicylsäure), falls keine Übelkeit die Einnahme verhindert.
Wie wird eine Migräne behandelt?
Stand 7/2009: Wichtig ist der frühe Behandlungsbeginn. Wenn die Betroffenen warten, bis es schlimmer wird, ist es meistens schon zu spät, mit einer moderaten Therapie einen Stop zu erreichen. Dann ist häufig auch schon Übelkeit im Spiel, die die Resorption der Schmerzmittel im Magen verhindert. Es sind dann häufig hohe Dosen oder stärkere Medikamente erforderlich als zu Beginn der Attacke.
Schulmedizinisch können zu Beginn 1000 mg ASS gegeben werden, zum Beispiel auch als Brausetabletten, die sich rasch auflösen. So kann ein rascherer Wirkungseintritt erzielt werden. Bei Übelkeit sind zusätzliche Mittel sinnvoll wie zum Beispiel MCP-Tropfen (unter verschiedenen Handelsnamen rezeptierbar durch den Arzt) oder Domperidon(rezeptpflichtig). Diese sollten ca. eine Viertelstunde vor der Gabe des Schmerzmittels eingenommen werden. Auch Ibuprofen oder- bei regelabhängigen Schmerzen-Naproxen-können gut wirksam sein. Dabei spricht jeder individuell auf Schmerzmittel anders an.
Die Kombinationsschmerzmittel (mit Paracetamol, Koffein und ASS) sind häufig ebenfalls gut wirksam. Inzwischen werden sie auch wieder vermehrt von Fachleuten eingesetzt, nachdem sich herausgestellt hat, dass sie nicht mehr nierenschädigend wirken als andere Schmerzmittel (Monopräparate).
Bei Erbrechen kann Paracetamol als 1000 mg Zäpfchen hilfreich sein, oder eine Kurzinfusion, die in der Praxis mit Novaminsulfon oder ASS verabreicht wird.
Schwere Migräneattacken sprechen häufig nur auf Triptane an. Das sind neuere Medikamente, die sehr stark wirksam sind. Sie wirken gefäßverengend. Es gibt unterschiedliche Darreichungsformen, als Tabletten zum Schlucken, als Sublingualtabletten (unter die Zunge zu legen, lösen sich auf), als Injektion (Eigen-Spritze), als Nasenspray. Ein Teil davon ist auch rezeptfrei erhältlich. Das Leitmittel dieser Triptane ist Sumatriptan. Es wird in einer Dosis von in der Regel 100 mg verabreicht. Manchmal sind 50 mg auch schon wirksam. Einige 100 mg-Tabletten sind teilbar, sodass die Betroffenen selbst entscheiden können, welche Dosis sie einnehmen möchten. Denn: alles was wirkt, hat Nebenwirkungen.
Die häufigsten Nebenwirkungen der Triptane sind: Kribbeln in Armen oder Beinen, Engegefühl in Brust oder Halsbereich, Wärme- oder Kältegefühl, Benommenheit. Dabei ist die Benommenheit u.U. eher auf die Migräneattacke selbst zurückzuführen, dazu gibt es unterschiedliche Ansichten.
Nicht nehmen darf man Triptane bei nicht behandeltem Bluthochdruck, Angina pectoris, z.B. Schlaganfall und anderen Gefäßerkrankungen, ebenso wie in der Schwangerschaft und Stillzeit sowie bekannten Leber- und Nierenschäden. Kinder unter 12 Jahren sollten keine Triptane erhalten. Triptane sollten möglichst nicht häufiger als an 8-10 Tagen pro Monat eingenommen werden.
Es gibt noch andere Migränemedikamente, die ein eher ungünstiges Nebenwirkungsprofil aufweisen, wie zum Beispiel Übelkeit und Erbrechen, zum Beispiel die Mutterkornalkaloide (Ergotaminpräparate). Sie kommen als Reservemittel in Betracht, zum Beispiel bei sehr langen Kopfwehattacken oder häufig wiederkehrenden Attacken. Da ist aber auch an eine vorsorgliche Einnahme anderer Medikamente (Prophylaxe, s.u.) zu denken.
Der häufige Gebrauch von Kopfwehtabletten kann leider im Laufe der Jahre ebenfalls zu Kopfschmerzen führen. Es ist dann für den Betroffenen und auch seinen Arzt sehr schwierig, dieses komplexe Problem zu behandeln. Tatsächlich muss dann oft ein stationärer Entzug von den Kopfschmerztabletten durchgeführt werden in einer speziellen Schmerzklinik
Homöopathische Behandlung:
Die homöopathische Behandlung der Migräne ist nicht einfach und nach meiner Erfahrung nur in leichten Fällen wirksam. Besser als Akutmittel ist, ein Konstitutionsmittel während der Attacke häufiger zu geben.
Mögliche homöopathische Einzelmittel bei Kopfschmerzen:
Benommenheitsgefühl, die Lider fallen herunter: Gelsemium D12; Mischform mit Spannungskopfschmerz, auch Nackenschmerzen
Migräne mit Aura, besser durch Druck und Ruhe: Bryonia D12
Migräne bei hormonellen Schwankungen, Blutandrang zum Kopf: Sanguinaria D12
„Wochenendmigräne“, periodisches Auftreten: Iris D12
Migräne mit Unruhe und Gereiztheit: Chamomilla D12
Schmerzen klopfend und hämmernd: Belladonna; rote Wangen
Dosierung: 5-10 Globuli in einer Tasse Wasser auflösen und stündlich bis viertelstündlich einen Teelöffel davon nehmen bis zur Besserung.
Ist die Migräne heilbar?
Die Migräne an sich ist nicht heilbar, wird aber häufig im Laufe der Jahre, bei Frauen vor allem nach dem Wechseljahren, deutlich besser. Es kommt dann zu selteneren und schwächeren Attacken. Allerdings weisen Untersuchungen darauf hin, dass Patienten mit schweren Migräneattacken später häufiger Schlaganfälle erleiden als andere Menschen.
Vorbeugung der Migräne (Prophylaxe):
Nichtmedikamentöse Maßnahmen:
Stresspotenzierung vermeiden, soweit möglich
Entspannungstechniken
Ausdauersport kann vorbeugend gegen Stress wirken, wenn dadurch beim Betroffenen Migräneattacken provoziert werden. Nicht im akuten Anfall!
Akupunktur (s. Blogartikel Akupunktur) ist häufig wirksam und mildert die Häufigkeit und die Stärke der Migräneattacken. Eine Serie von 10 Sitzungen ist zu Beginn der Behandlung häufig hilfreich.
Medikamentöse Maßnahmen:
Pflanzlich: Pestwurz (Petasites) als Dauertherapie gegeben über 4-6 Monate. Die Ansprechrate nach 12 Wochen beträgt ca. 45 % (ähnlich wie bei Propranolol). In seltenen Fällen können Leberschäden bei Dauereinnahme beobachtet werden.
Homöopathisch: Komplexmittel, können wirksam sein, aber nicht bei allen Patienten.
Konstitutionsmittel (nur mit einer ausführlichen Erstbefragung = Anamnese vom Behandler zu verordnen)
Magnesiumgabe (300-900 mg pro Tag) ist häufig hilfreich. Bei einer täglichen Dosierung von 600 mg/Tag wird die Attackenhäufigkeit um ca. 42 % gesenkt. Die Ansprechrate ist höher als bei Propranolol (53 %).
Betablocker, niedrig dosiert, zum Beispiel Metoprolol und Propranolol (rezeptpflichtig), werden eingesetzt, wenn Migräneattacken öfters als zweimal pro Monat auftreten, sehr schwer sind oder Akutmittel nicht (mehr) wirken. Zu Beginn der Behandlung sollten sie am Wochenende testweise oder abends eingenommen werden, da sie anfangs müde machen können.
Ein neueres Mittel ist Topiramat. Es hat viele Nebenwirkungen: u.a. Kribbelgefühle anfangs, Kaliummangel, Müdigkeit, Stimmungsschwankungen, führt zu Gewichtsverlust. Teuer!!! Rezeptpflichtig. Topiramat ist nicht wirksamer als Propranolol (s.o.), Pestwurz oder 600 mg Magnesium pro Tag. Es kann zu Nierensteinen führen.
Andere Mittel, die normalerweise bei Epilepsie eingesetzt werden, sind zwar wirksam (Valproinsäure), aber leider nicht für Migräne zugelassen.
Eine Prophylaxe mit o.g. Mitteln sollte in der Regel einschleichend über ein halbes bis ein Jahr erfolgen und dann langsam ausschleichend wieder beendet werden, je nach Verlauf. Die Indikation zur Migräneprophylaxe wird meistens von den Neurologen gestellt und auch begonnen. In der hausärztlichen Praxis ist es eher so, dass sich häufig nach Beginn einer Blutdruckbehandlung z.B. mit einem Betablocker (s.o.) auch Kopfschmerzen einschließlich Migräne bessern.
Schwangerschaft: Uneingeschränkt ist lediglich Paracetamol zugelassen. Magnesiumeinnahme kann Kopfschmerzen in der Schwangerschaft bessern. Ibuprofen ist mit Einschränkungen (sparsam) zu verwenden.
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